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Biographies de neurologues
 
Nouvelle Iconographie de La Salpêtrière
 
 L'histoire des neurosciences à La Pitié et à La Salpêtrière J Poirier
The history of neurosciences at La Pitié and La Salpêtrière J Poirier 
 
 
 

mise à jour du
 19 novembre 2006
Arch Verdauungs-Krankheiten
berlin
1924;23:158-162
Gähnen
Uber Sodbrennen und Gähnen
Crämer
5 dezember 1923
Yawning in german language : Gähnen

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Im Gegensatz zum Sodbrennen ist das Gähnen eine geradezu physiologisehe Erscheinung, die bei jedem Menschen in jedem Lebensalter vorkommt; ganzlicher Ausfall scheint höchst selten zu sein; ein derartiger sicher beobachteter Fall ist nicht bekannt. Das Gähnen kann aber pathologisch werden, d. h. sich so stark häufen, daB wahre Gähnkrämpfe entstehen.
 
Wie sehr man von der physiologischen Natur des Gähnens uberzeugt ist, kann mail schon daraus entnehmen, daB Geigel (Wurzburg) vor vielen Jahren den Satz ausgesprochen hat: "in Schwerkranker gähnt nicht, und wenn er wieder gähnt, so ist die Gefahr voruber." Insoweit es sich um akute Erkrankungen, allerdings mit AusschluB derer des Zentralnervensystems, handeit, dürfte der Satz auch seine Richtigkeit haben.
 
Bisher ist das Gähnen in der Literatur nur recht stiefmütterlich behandeit worden; nur Nervenärzten verdanken wir ausführlichere Mitteilungen über das Gähnen bei Gehirnkrankheiten.
 
Unter Gähnen versteht man em langgezogenes, tiefes, unter sukzesiver Aufbietung zahlreicher Inspirationsmuskeln erfolgendes, zuweilen seufzendes Einatmen bei weit geoffnetem Munde sowie offenem Gaumentor und offener Glottis, während die Exspiration kürzer ist. Beide sind von einer langgezogenen, gedehnten, eigentümlichen LautäuBerung begleitet. Das Gähnen ist unwillkürlich, wirkt ansteckend, kann aber auch willkürlich nachgeahmt werden; unwillkürliches Gähnen ist nur schwer, wenn überhaupt zu unterdrücken; besonders kräftiges kann von einer leichten Tränenabsonderung begleitet sein; dabei besteht aber em Lustgefühl. Physiologisch wird das Gähnen, wie man im allgemeinen annimmt, durch Schlaflosigkeit, Hunger, Abspannung und Langeweile hervorgerufen, wenn geistige Reize fehlen. Hunger und Langeweile sind nahe Verwandte. Beim menschlichen Säugling ist das Gähnen schon am fünften Lebenstag beobachtet worden; ich selbst habe es bei meiner jüngsten Enkein schon 30 Stunden nach der Geburt gesehen.
 
Mit dem Gãhnen ist auch vielfach das Sichstrecken verbunden. Das Gähnen kommt nicht bloB beim Menschen vor, sondern auch beim Tier, und zwar nicht bloB bei Saugetieren, sondern auch bei Amphibien und, wenn man das Strecken ais dazugehörig rechnet, auch bel Vogeln. Diese letzteren spreizen und strecken die Flügel; Hunde und Katzen gähnen, strecken auch die Hinterbeine dabei aus. Schnabelbewegungen machen auch Schildkroten und Krokodile; bei Kroten und Frosehen beobachtet man ein Dehnen und Sichstrecken der Hinterbeine. Pferde strecken den ganzen Körper; ein Seelöwe am Lande zeigte plötzlich Spreizen der Brust- und Schwanzflossen. Also bis weit in die Tierreihe hinein ist das Gähnen physiologisch.
cramer
Eine ausführlichere Abhandlung über das Gähnen verdanken wir Lewy, der auBer den schon genannten körperlichen Zuständen organische Läsionen des Zentralnervensystems (Apoplexie, Epilepsie, Läsion des Kleinhirns, dann organische Erkrankungen, die das Gehirn nur funktionell alterieren) als Ursache anfuhrt und das Gähnen als Symptom bei Psychopathen und bei Hysterischen angibt. Als Krise kommt Gähnkrampf bei Tabes vor ; bei Epilepise kann Gähnen vielleicht als Aura auftreten. Nach Hauptmann scheinen nur hoherstehende Säugetiere regeirechtes, wirkliches Gähnen zu zeigen; nach seiner Meinung muB also wohl eine enge Beziehung des Gähnens zu apperzeptiver Gehirntätigkeit bestehen. Beim physiologischen Gähnen sollen durch kräftige Innervation die peripheren, motorischen Neurone der Muskeln frisch geladen werden; dadurch erhöht sich der Tonus, während vorher Hypotonie bestand. Anämie und Zirkulationsstorungen des Gehirns sollen das Gähnen begunstigen; man konnte also annehmen, daB im Zustande der Ermudung und des mangelnden Interesses das Gehirn schlechter durchblutet wird, als wenn der Geist frisch arbeitet. Bei vielen Mensehen beobachtet man Gähnen als Ausdruck des Hungers. Ganz merkwurdig ist die Tatsache, daB beim Gähnen gelahmte Glieder mitbewegt werden. Es ist noch nicht ganz sicher festgestellt, ob für das Gähnen ein Zentrum vorhanden ist. Das vegetative Nervensystem hat ein Zentrum im Corpus striatum, und man glaubt annehmen zu dürfen, daB dort auch das Gähnzentrum seinen Sitz hat. Trifft das zu, dann ist auch das pathologische Gähnen bei Verdauungsstörungen, wie ich es vielfach beobachten konnte, einer Erklarung zuganglich. Eine groBe Bedeutung wird dabei den Bakterientoxinen zukommen; aber auch Storungen im Abbau der Nahrungsmittel können vielleicht eine Rolle spielen.
 
Ich hätte nicht daran gedacht, mich eingehender mit dem Gähnen zu befassen, wenn ich nicht durch eine eigene hochst merkwurdige Erkrankung mit nächtlichen, sehr bedenklich erscheinenden Anfällen von Lungenodem, die jedesmal am Abend vorher mit Gahnkrämpfen eingeieitet wurden, dazu veranlaBt worden wäre.
 
Seit Jahren schon habe ich bei der Aufnahme der Anamnese Magen-Darm-Kranker stets nach Gähnen gefragt und bekam recht oft die Antwort: sehr häufig. Ich konnte beobachten, daB mit dem Besserwerden des Zustandes auch das Gähnen nachlieB und wieder nur physiologisch auftrat. Es muBte also wohl ein Zusammenhang zwischen der Verdauungsstörung und dem gesteigerten Gähnen vorhanden sein, und es lag nahe anzunehmen, daB der Weg, auf dem dieser merkwurdige Reflex ausgelost wird, das vegetative Nervensystem, der Sympathikus sein muB dessen eine Quelle, wie erwähnt, das Corpus striatum (Gähnzentrum) ist.
 
Hier möchte ich die Beobachtung von Hönek einschalten, der bei Bauchoperationen, bei denen der Darm gezerrt wurde, stridoröses Atmen mit massenhafter Schleimabsonderung auftreten sah, das sofort wieder verschwand, wenn der Darm in Ruhe gelassen wurde.
 
Aus einer Zusammenstellung aus etwa 100 Krankengeschichten ergab sich, daB vermehrtes Gähnen und Gähnkrainpf bei allen möglichen Funktionsstorungen des Magens vorkommt, sowohl bei Hyperchlorhydrie wie bei Achylie, bei An- und Subazidität, ebenso bei greifbaren, also organischen Veranderungen der Magenschleimhaut. Da ist doch wohl der SchluB erlaubt, daB alle diese Befunde keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gähnen haben konnen.
 
Anders lautet das Ergebnis, wenn man die Darmtätigkeit berüksichtigt. Unter 78 verschiedenen Fallen von Verdauungsstörungen, bei denen mehr weniger stark vermehrtes Gähnen angegeben ist, war 53 mal Stuhl und Gasabgang mangelhaft; Gasbeschwerden allein bestanden in 33 Fallen. Wenn man bedenkt, daB gar viele Kranke über ihre Stuhlverhältnisse und über Gasabgang schlecht unterrichtet sind, bezuglich dieser wichtigen Funktionen eine auffallende Bescheidenheit an den Tag legen, namentlich das weibliche Geschlecht, und erst nach langerer Beobachtung erkennen, daB ihre ursprunglichen Angaben in dieser Hinsicht unrichtig waren, so dürfte in Wirklichkeit das Prozentverhältnis noch viel groBer sein.
 
Bei 41 Fällen ist noch bemerkt, "nervöser Einschlag" oder besonders starke allgemeine Nervosität. Man konnte also leicht auf den Gedanken kommen, daB das vermehrte Gähnen einfach nervös sei. Nun gibt es aber wenig Magen- und Darmkranke, die nicht mit der Zeit nervös werden. Eine der haufigsten Erscheinungen der chronischen Erkrankungen des Verdauungskanals ist die mehr minder starke Behiträchtigung der seelischen Verfassung. Ich halte es nach meinen Beobachtungen für ausgeschlossen, daB diese Nervosität die Ursache des Gähnens darstellt, bin vielmehr der Uberzeugung, daB mangelhaf ter Stuhl und namentlich mangelhafter Gasabgang bei starker Gasentwieklung die Ursache abgibt. AuBerordentliche Vermehrung der gasbildenden Bakterien, mit Zersetzungen und Fäulnis des Dickdarminhaltes (bei unzweckmaBiger Ernahrung) müssen dafür verantwortlich gernacht werden. Ich glaube also annehmen zu dürfen, daB Bakterientoxine, auf deren Bedeutung bei Sympathikusstorungen auch Glaser hingewiesen hat, die letzte Ursache so vieler sogenannter nervöser Erscheinungen, die wir bei den Darmstorungen beobachten, und auch des Gähnens sind. Dafür spricht auch die Tatsache, daB mit dem Besserwerden der Darmfunktion namentlich mit dem Aufhören der übermäBigen Gasentwicklung und dem besseren Abgang der Gase das Gähnen verschwindet bzw. nur mehr in physiologischer Breite auftritt.
 
Ist meine Auffassung richtig, dann ist damit auch zugleich der Weg gezeigt, den wir gehen müssen, um das übermäBige Gähnen und den Gähnkrampf bei Verdauungsstorungen zu beseitigen; andererseits glaube ich nachgewiesen zu haben, daB dieses Symptom mit groBer Wahrscheinlichkeit auf den Sitz des Leidens hindeutet und somit auch für die Diagnose verwandt werden kann.
 
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